Digitale Transformation vorantreiben – Mitarbeiter digital weiterentwickeln

Bisher haben sich Unternehmen in Deutschland auf die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Abteilungen und Partnern sowie der digitalen Strategie konzentriert, um ihre digitale Reife zu steigern. Um jedoch die Potenziale der nächsten Welle an technologischen Fortschritten vollständig auszuschöpfen, müssen Unternehmen die Weiterentwicklung ihrer Mitarbeiter sowie eine verbesserte Mitarbeitererfahrung in den Mittelpunkt stellen.

Die digitale Transformation ist für Unternehmen aller Branchen zur Notwendigkeit geworden. Lange Unternehmenshistorien und herausragende Leistungen schützen nicht vor disruptiven Wettbewerbern. So musste Thomas Cook 2019 nach 178 Jahren abrupt den Betrieb einstellen. Der Tourismuskonzern versuchte noch, sich zu reorganisieren und umzustrukturieren, konnte sich jedoch letztlich nicht gegen die Konkurrenz der Online-Discounter behaupten.

Momentan sehen sich in fast jeder Branche große, traditionelle Unternehmen mit diesen existenziellen Bedrohungen konfrontiert. Die deutsche Versicherungsagentur Euler Hermes stellte gar ein »anhaltend hohes Niveau« (persistent high level) an Insolvenzen solcher Unternehmen in Asien, Europa und Nordamerika fest – darunter fallen Organisationen mit mehr als 50 Millionen Euro Umsatz [1]. Technologie-gestützte Disruption ist gerade für Konzerne – die zunehmend auf Technologie setzen, um sich dieser neuen Realität anzupassen – eine Gefahr.

Vergangenen Herbst untersuchte das Infosys Knowledge Institute die Art und Weise, wie Firmen die digitale Transformation umsetzen. Dafür wurden mehr als 1.000 Führungskräfte aus Unternehmen mit einem Mindestumsatz von einer Milliarde US-Dollar Umsatz befragt. Die Unternehmen stammen aus Australien, China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Indien, Neuseeland und den USA.

Stetiger Fortschritt in Deutschland. Laut der Studie Digital Radar 2020 von Infosys konnten Unternehmen in Deutschland über die Jahre hinweg bedeutende Fortschritte erzielen, um ein grundlegendes Maß an digitaler Reife zu erreichen. Dabei erzielten fast drei Viertel der Unternehmen eine mittlere Stufe der digitalen Reife. Insgesamt blieben die deutschen Unternehmen jedoch hinter dem Durchschnitt der Digital-Radar-Umfrage zurück. Gemessen an 22 Initiativen zur digitalen Transformation erreichten die deutschen Befragten im Durchschnitt 58 Punkte, gegenüber 53 im letzten Jahr. Der weltweite Durchschnitt lag im Jahr 2020 bei 62, im vergangenen Jahr bei 57.

Die Studie belegt zudem, dass über die Hälfte der Organisationen in Deutschland (57 Prozent) die digitale Transformation vollzieht, um Effizienz und Produktivität zu steigern. Dieser Fokus auf Effizienz spiegelt sich auch in den digitalen Initiativen wider, bei denen deutsche Unternehmen am erfolgreichsten waren: robotergestützte Prozessautomatisierung und künstliche Intelligenz (KI). In Deutschland gibt es einen überdurchschnittlich hohen Anteil an Unternehmen, die diese digitalen Initiativen vollständig umgesetzt haben.

2019 gaben die deutschen Firmen im Rahmen der Studie eine fehlende strategische Vision und Kollaboration als größte Herausforderung an. Diese Herausforderungen haben sich in diesem Jahr deutlich verringert. Für das laufende Jahr sehen die deutschen Führungskräfte vielmehr Engpässe bei Budgets und Talenten als größte Hürden der digitalen Transformation. Mit dem Fachkräftemangel ist Deutschland nicht alleine – diese Herausforderung gibt es in fast jedem Markt weltweit [1].

Die digitale Decke. Die Studie belegt, dass Unternehmen weltweit – und auch in Deutschland – große Fortschritte von der sognannten Basis zu einer mittleren Stufe der digitalen Reife erzielen konnten. Viele deutsche Unternehmen kämpften jedoch mit sinkenden Renditen aus ihren Technologie-Investitionen und erreichten schnell eine »digitale Decke«, die sie daran hinderte in die fortgeschrittenste Stufe aufzusteigen.

Die Geschwindigkeit der Marktveränderungen ist schneller als das Tempo eines geschäftlichen Transformationszyklus – ein grundlegendes Problem für Führungskräfte, die die Kapazitäten ihres Unternehmens verbessern möchten. Technologien verändern sich außerdem schneller, als Organisationen reagieren können. Um mit den zukünftigen digitalen Entwicklungen Schritt zu halten, ist ein Mentalitätswandel sowohl in der Führungsebene als auch bei Technologiespezialisten erforderlich.

Die Studie zeigt darüber hinaus, dass die fortschrittlichsten Unternehmen sich durch ihre Leistung und ihre Motivation auszeichnen, innovative Technologien einzusetzen. Diese Top-Performer sind eher bereit, Technologien einzusetzen, um ihre Mitarbeiter weiterzubilden und die Kundenzufriedenheit zu verbessern. Gerade in Deutschland spielt die Verbesserung der Kundenzufriedenheit eine wichtige Rolle für Firmen – dieser Aspekt ist, nach mehr Effizienz, die am zweithäufigsten genannte Motivation für Unternehmen.

Die Steigerung von Effizienz und Produktivität wurde bereits 2019 als Hauptgrund für den Test neuer Technologien genannt – und sie bleibt auch 2020 an der Spitze. Die digital reifsten Unternehmen weltweit werden von ihren Mitarbeitern gestützt – sie wollen deren Zufriedenheit verbessern und die Mitarbeiter in die Lage versetzen, den Wandel im Unternehmen anzuführen. Organisationen in Deutschland hinken in diesen Bereichen hinterher: Nur zwölf Prozent der Befragten gaben hier die Befähigung ihrer Mitarbeiter als Motivation für die Einführung neuer Technologien an.

Die Befähigung und Weiterbildung der Mitarbeiter ist ein kritischer Erfolgsfaktor für digitale Spitzenunternehmen. Die fortschrittlichsten Firmen der Umfrage suchen nach Möglichkeiten, wie die Technologie die Situation für Mitarbeiter und Kunden verbessern kann. Sie arbeiten in schnellen Zyklen und verhalten sich wie ein lebender Organismus, das heißt sie fühlen und reagieren, lernen und passen sich an und entwickeln sich weiter.

Schnellere, bessere und kosteneffizientere Technologie allein bringt Unternehmen nicht die nötigen Verbesserungen. Führende Organisationen setzen den Mitarbeiter in den Fokus. Nur wenn Mitarbeiter in den digitalen Technologien einen Mehrwert für ihre Arbeit sehen, setzen sie die Tools auch ein. Kunden lassen sich dann besser betreuen, was wiederum zu einer höheren wirtschaftlichen Rendite führt. Unternehmen haben so die Möglichkeit, alle Stakeholder zu adressieren und mit den globalen Märkten Schritt zu halten.


Jeff Kavanaugh,
VP – Global Head of
Infosys Knowledge Institute

 

 

[1] »Global Insolvency Outlook 2020« Euler Hermes Global, 9. Januar 2020:
https://www.eulerhermes.com/en_global/economic-research/insights/global-insolvency-outlook-2020.html
[2] Infosys Talent Radar 2019: https://www.infosys.com/navigate-your-next/research/talent-radar.html

 

Illustration: © Witt Design /shutterstock.com

 

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