Sechs häufige Digitalisierungslücken und wie sie sich schließen lassen

Prozessoptimierung: Den blinden Flecken auf der Spur

Illustration: Absmeier, Shahzairul

Die Corona-Pandemie hat die Unternehmen veranlasst ihre Digitalisierung stärker voranzutreiben. Einer Studie von Haufe zufolge haben 70 Prozent der Befragten Unternehmen in der Krise festgestellt, dass sie ihr Kerngeschäft weiter digitalisieren können. Trendige Technologien sind dabei jedoch weniger entscheidend. Wichtiger ist es, dass Unternehmen ihre Prozesse auf Brüche und Zeitfresser durchleuchten.

 

Das erste Halbjahr 2020 hat den Mittelständlern die Bedeutung nahtloser digitaler Prozesse klar vor Augen geführt – für den ein oder anderen eine schmerzliche Erfahrung. Wer sich in Zukunft krisenfester aufstellen will, sollte daher seine Unternehmensprozesse einem Rundum-Check unterziehen. Der Softwarehersteller proALPHA weiß, wo sich typischerweise Schwachstellen verbergen:

  1. Einkauf: Schulterschluss mit der Konstruktion
    Damit der Einkauf richtig und vor allem rechtzeitig bestellen kann, braucht er aktuelle Daten aus der Konstruktion. Dies trifft insbesondere bei einer fertigungsbegleitenden Entwicklung zu. Aber auch, wenn es um die Beschaffung von Langläufern geht, muss der Einkauf rechtzeitig aktiv werden. Das Idealszenario dafür: eine direkte und tiefe Integration zwischen dem CAD- und dem ERP-System. Dann greifen Einkäufer nämlich direkt auf freigegebene Stücklisten und Zeichnungen zu und werden rechtzeitig aktiv.
  2. Personalmanagement: Betriebsdaten direkt nutzen
    Betriebsstatus und Personalzeiten sind von Natur aus sehr eng miteinander verwandt. Setzt ein Betrieb für die Betriebsdatenerfassung (BDE) und die Personalzeiterfassung (PZE) getrennte, nicht vernetzte Systeme ein, sind identische Datenbestände mehrfach zu pflegen. Das ist fehleranfällig und aufwendig. Wurden die Betriebs- und Personaldaten dagegen mit einem ERP-System wie proALPHA gekoppelt, stehen Stammdaten direkt und überall zur Verfügung. Stempelt zum Beispiel ein Mitarbeiter am Schichtende »Gehen«, wird seine letzte Aktivität ebenfalls automatisch mitausgestempelt. Auch Abwesenheiten wie Urlaub oder Krankmeldung stehen dann direkt für die Fertigungsfeinplanung bereit – ohne Eintippen oder verzögerten Dateitransfer.
  3. IT: Integration von Spezialanwendungen
    Die IT-Landschaft vieler Unternehmen ist äußerst heterogen: Unterschiedliche Technologien und Lösungen mit vielen Schnittstellen verursachen einen hohen Wartungsaufwand. Um den elektronischen Informationsfluss zu harmonisieren, zu beschleunigen und zuverlässiger zu machen, setzen immer mehr Unternehmen deshalb serviceorientierte Architekturen ein. Zentrale Komponente ist dabei eine Integrationsplattform wie die Integration Workbench (INWB) auf Basis eines Enterprise Service Bus. Sie sorgt für einen gleichzeitigen und standardisierten Datenaustausch in Echtzeit – zum Beispiel im Rahmen der Qualitätssicherung oder der Maschinendatenerfassung. Das beschleunigt die Prozesse spürbar. Kundenanfragen per Telefon sind dadurch ebenfalls passé, weil diese Lagerbestände von Standardartikeln direkt über ein Webportal einsehen. Auch zur Replikation von Stammdaten zwischen Niederlassungen eignet sich eine INWB.
  4. Verwaltung: Manuelle Eingangsrechnungsverarbeitung
    Das Scannen und Einlesen von Rechnungen ist für eine durchgängige Automatisierung nur der erste Schritt. Im Weiteren geht es darum, die Rechnung formal sowie inhaltlich zu prüfen und nach den jeweils erforderlichen Freigaben die nötigen Buchungssätze vorzubereiten. Erst dann ist der Prozess wirklich digital. Das große Plus: Gebundene Ressourcen werden dadurch frei und die Gesamteffizienz der Kreditorenbuchhaltung steigt.
  5. ERP-Maschine-Kommunikation 
    Maschinen jüngeren Baujahrs verfügen über moderne Kommunikationsschnittstellen. Wie aber lassen sich ältere Maschinen und Anlagen mit dem ERP-System als Steuerzentrale vernetzen? Eine einfache, aber sehr wirkungsvolle Option ist, einen Minirechner zwischen Maschine und ERP zu schalten. Ein Raspberry Pi empfängt dann Produktionsbefehle, verarbeitet sie und leitet sie an die Maschine weiter. In umgekehrter Richtung transferiert er auch Maschinendaten an das ERP-System. So werden selbst ältere Anlagen zukunftsfit.

    6. Service: Abstimmung zwischen Außen- und Innendienst
    Wenn der Innendienst mit Ferndiagnose nicht mehr weiterkommt, muss ein Techniker ausrücken. Unternehmen, die sämtliche Kommunikation online erledigen, sparen sich viel Zeit und Rückfragen. Dies beginnt schon beim digitalen Arbeitsauftrag. So erfährt der Techniker, welche Diagnosegeräte oder Spezialwerkzeuge für den Einsatz erforderlich sind. Zur Fehleranalyse und -behebung vor Ort greift er anschließend auf die aktuelle Dokumentation oder Wartungsanleitungen zurück. Dabei hilft auch die kontaktfreie Identifikation von Teilen über RFID, QR- oder Barcodes, den Einsatz zu verkürzen. Über ein mobiles Gerät lassen sich dann Verfügbarkeiten oder Lieferzeiten für Ersatzteile rasch prüfen und diese auch gleich bestellen, ohne langes Nachfragen in der Zentrale. Auf dem gleichen Weg meldet der Mitarbeiter seinen Einsatz zurück und initiiert automatisiert die Abrechnung mit dem Kunden. Dies alles gelingt nur, wenn die Service-Calls mit den Produkt- und Kundendaten integriert sind.

Schon vor der Pandemie standen beim deutschen Mittelstand Produktivität und Prozessoptimierung auf der Agenda – nur an der Umsetzung haperte es. Dies zeigt eine gemeinsame Studie von teknowlogy | PAC und proALPHA aus dem Frühjahr 2020. Die Corona-Virus-Pandemie wirkte dann wie ein Brennglas: Sie erhöhte sowohl das Bewusstsein für Anfälligkeiten als auch den Handlungsdruck. Unternehmen sollten dieses Momentum nutzen, sich jetzt auf die Suche nach Prozessbrüchen machen und diese Schwächen beherzt angehen.

 

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